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AUTOR VON "HAHNENSCHREIE", "LIEBESBRIEF AN FREMDEN KÖNIG" UND SCHILLER-TRILOGIE ("STERNGUCKER ODER ...")



Aus "Nach oben offen. Reflexe - Band 1"

22.

Vergnügen bildet mehr als Bildung Vergnügen macht.

30.
Rauschhafte Ekstase durch Zeitlosigkeit. Verlust des Gefühls für Zeitspannen, Uhrzeit, Tageszeit, Jahreszeit. Ein Glück!

Aber Verlust des Ortsgefühls – Katastrophe der Psyche! Paralyse! Auflösung aller Orientierungsmöglichkeit. Hilfeschrei. Bedürfnis nach Seßhaftigkeit und Ordinate! Wie erträgt es Karajan? (1959)

 

49.
Der künstlerische Beruf darf nicht die allgemeine künstlerische Entwicklung hemmen. Darauf ist aufmerksamst zu achten.


139.
Das Subjektive der Kunst muß vor der Mitbestimmung geschützt werden.

Dito das Talent, die Initiative, die Intelligenz, die Idee, die Vision.

 

140.
Man kann nicht für mündig erklären, man muß mündig machen.

 

143.
"Mitbeteiligung" (Gustav Heinemann) aller – statt der infantil-trotzigen Mitbestimmung.

 

147.
Unsterblichkeit würde dem Menschen nicht Glückseligkeit bescheren. Daher ist sie gar nicht wünschenswert.

Also ist der Tod akzeptabel (platonisch inspirierter Gedanke), beziehungsweise wünschenswert.

 

201.
Arno Bergfelder, als wir neulich über die moralische und ideologische Korruption von Sozialdemokraten und Sozialisten sprachen, sagte mit der ihm eigenen Dauer-Trauer, er habe überhaupt noch nie auf dieser Erde einen Kommunisten gesehen, noch nie, auch im Ostblock nirgends, in Moskau nicht, in China nicht.

Ich: Und die jungen Leute bei uns?

Er: Die denken auch alle nur an Karriere, Macht, Opportunitäten, Positionen, Geld.

Kommunismus eine Fiktion? Das klingt realistisch. (1978)

 

214.
Kein Mensch ist jetzt noch gegen Sozialismus. Nur sehen viele: er ist nicht so gut, wie er sein müßte, und wird es auch nie sein.

Nein, nein, die Aufbauphase zählt nicht, weil es ja nirgends besser, sondern überall schlechter wird – vergleiche die Leute, die ihn in allen Ländern machen: Verschlechterung.

Sozialismus wird die Grundübel Dummheit, Unfähigkeit, Machthunger und Korruption nicht abschaffen,

wie er die Grundtugenden Güte, Intelligenz, Begabung, Bescheidenheit, charakterliche Integrität et cetera nicht fördert, sondern als unsozial(istisch) bekämpft.

Der Egalitarismus ist der Ruin des Sozialismus. (1978)

 

215.
Brutalität der Natur offenbart sich an alten Lebewesen, die fallen gelassen und vernichtet werden – ohne Rücksicht auf ihre Psyche und ihre Verdienste. Hier wäre eine Chance für kompensierenden Humanismus, die Natur zu überwinden, zu verbessern et cetera.

Extremes Versagen des Humanismus. (1978)

 

217.
Gesetzt den Fall, Hitler hätte eine Volksabstimmung über die Judenvernichtung durchgeführt und eine sei es knappe Mehrheit bekommen. Wäre die Judenvernichtung damit sanktioniert worden? In demokratischem Sinne ja. Dies ist der Punkt, wo man sich gegen die Demokratie entscheiden muß. Sie ist lebensgefährlich, ein Spiel mit dem Feuer.

Aber wofür soll man sich entscheiden?

 

218.
Der einzelne Mächtige ist der Gefahr der Fehlentscheidung und des Irrtums ausgesetzt.

Ist die Mehrheit ein Präventiv, ein Korrektiv, ein Regulativ hierfür, oder multipliziert sie die Chance der Fehlerquellen und des menschlichen Versagens? Viele Augen sehen zwar mehr als eins, aber der Prozentsatz an Blinden, Einäugigen und Kurzsichtigen ist gleichfalls wesentlich höher. Ergo sehen sie in summa weniger. (1978)

 

219.
Nur wer Anwalt und Gericht bezahlen kann, kann gegen erlittenes Unrecht aufbegehren. Aber diese Kosten sind für die meisten zu hoch.

Ein Rechtsstaat müßte dafür sorgen, daß jeder Bürger sein Recht gratis bekommt. Wenn ich mir mein Recht kaufen muß, ist das kein Rechtsstaat.

 

220.
Man begeht leicht den Fehler, Wohl und Wehe seiner ganzen Existenz der Umgebung auszuliefern. Man bietet sich ihr mit Wesen und Werken an und überläßt ihr das Urteil, ob sie einen akzeptiert, gelten läßt, genehmigt.

Und das kommt ihr gar nicht zu.

Die Umgebung ist keine letzte Instanz, die über den Sinn unseres Daseins entscheidet. Es ist unser eigener Fehler, wenn wir ihr das zugestehen. Ich bin nicht auf diese Welt gekommen, um der Umgebung zu gefallen. Und gefalle ich ihr nicht, sei mein Leben etwa verfehlt.

Ich bin, wie ich bin, und bin da, und darauf hat sie sich einzustellen, realistisch. Und das tut sie auch, wenn man sie nicht groß bittet und fragt. (Mit Bitten und Fragen sind innere Vorgänge, eine Haltung gemeint.)

 

303.
Die nächste, engste, vielleicht auch strengste Grenzlinie zwischen Biofeldern ist wohl die der Individuation. Die ist wirklich unüberbrückbar. Ein eiserner Vorhang.


314.
Die große Ähnlichkeit im Verhalten von Kindern in allen Kulturen und Mentalitäten. Ihre Bewegungen, ihre Spiele: hier sind die Unterschiede am geringsten, der gemeinsame Ursprung aller noch am sichtbarsten, am nächsten.

Illustration : Pagode

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