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AUTOR VON "HAHNENSCHREIE", "LIEBESBRIEF AN FREMDEN KÖNIG" UND SCHILLER-TRILOGIE ("STERNGUCKER ODER ...")



Leseprobe 3
Aus "WIRRWARR IM LOT"

 

“ … Aber das alles ist nur das Eine.

Ferner sind diese sogenannten Flüchtlingsströme aus orientalischen und afrikanischen Kriegs- oder Notstandsgebieten nur für den allzu gewohnten Dornröschenschlaf einer westeuopäischen Wohlstandsgesellschaft so erschreckend unverhofft und vermeintlich unverkraftbar.

In Wahrheit sind sie ja lediglich ein mikroskopisch kleiner Bruchteil jener siebzig Millionen geschätzter Migranten, die derzeit weltweit unbehaust Obdach suchen.

Das verändert den Ausdruck ihrer Wanderung ganz zentral. Urplötzlich nämlich ist die Modevokabel Globalismus nicht nur eine schicke Bezeichnung für unbegrenzt ausgedehnten Handel, sondern auch für grenzenlos hilfsbedürftigen Wandel. Besagte Massenfluchten rings um den Globus sind mehr als jene mühsamen, aber fruchtbaren Völkerwanderungen, die es fast immer gegeben haben dürfte. Sie offenbaren vielmehr den wahrhaft totalen Globalismus unserer species.

Menschen sind unverhofft keine Lokalphänomene mehr, sondern was Planetarisches. Aus vermeintlich Territorial- oder Heimatverwurzelten sind ohnmächtig Wurzellose geworden, die überall wahllos zu verbleiben bereit und fähig sind.

Plötzlich also ist Globalismus keine elegante Metapher, kein schamloser Euphemismus für grenzenlose Profitmaximierungen und kopflos überhetzte Kommunikationsrekorde mehr, sondern was allseits allzu Leibhaftiges, wahrhaft Animalisches, sehr Konkretes, Empfindliches und Schmerzliches, faktisch Reales, aber auch endgültig Unabänderliches, Irreversibles.

Aus lauter tradierten Siedlern sind über Nacht vazierende Massen von heil- und obdachlosen Ahasveri geworden: ‘auf ruheloser Wanderschaft durch die Zeiten’ (Dr. mult. Wikipedia).

Das dürfte die schon vollzogene Revolution dieses Globalismus unübersehbar machen.

Nur insofern also würde sich Flüchtlinge als Wort des Jahres durchaus eignen.

Freilich nicht nur als Wort. Sondern?

Sondern eher als Tatsache: als ein planetarisches Beben, sozialer Kataklysmus mit unabsehbaren Folgen für jedermann rings um den Erdball –

sei es bestenfalls auch im rettenden Sinne – als einziger Ausweg: statt Bodenhaftung mit provinziellen Scheuklappen und volksmusikalischen Heimatklängen nun also nur noch das uferlos mobile, endgültig freie Dauerpanorama uneingeschränkter Geister und offener Gemüter – “

 

 

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